Immobilien-Abschreibung 2025: Die Komplettübersicht

Mit interaktivem Abschreibungsrechner: Linear vs. degressiv vs. verkürzt

Inhaltsübersicht

0 Einführung

Die steuerliche Abschreibung ist einer der wichtigsten Hebel zur Optimierung Ihrer Immobilieninvestition. Seit 2023 haben sich die Möglichkeiten durch neue Gesetzgebung deutlich erweitert: Höhere lineare Abschreibung für Neubauten, Wiedereinführung der degressiven Abschreibung und weiterhin die Option der verkürzten Abschreibung durch Restnutzungsdauer-Gutachten. Dieser Artikel gibt Ihnen einen vollständigen Überblick über alle Optionen und zeigt anhand konkreter Beispiele, wie Sie die optimale Strategie für Ihre Situation finden.

Ergänzend zum Artikel stelle ich allen im Newsletter angemeldeten Lesern kostenlos meinen Abschreibungsrechner zur Verfügung: auch zum Kopieren und Herunterladen. (Man beachte die Copyright-Notiz am Ende des Rechners.) Wenn Sie eingeloggt sind, sehen Sie den Link hier:

DISCLAIMER. Die Inhalte dieses Artikels und der Rechner dienen nur der Information. Dies ist keine Steuer- oder Rechtsberatung. Für individuelle Entscheidungen konsultieren Sie bitte einen Steuerberater. Die Nutzung erfolgt auf eigenes Risiko.

1 Grundlagen der Immobilienabschreibung

Die Abschreibung (offiziell AfA - Absetzung für Abnutzung genannt) spiegelt den Wertverlust einer Immobilie über die Zeit wider. Während ein Grundstück keinem Wertverlust unterliegt und daher nicht abgeschrieben werden kann, nutzt sich ein Gebäude durch seinen Gebrauch ab.

Das Steuerrecht erkennt diese Wertminderung an und erlaubt es, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes über einen festgelegten Zeitraum steuerlich geltend zu machen. Festgeschrieben ist dies fast vollständig in §7 des Einkommensteuergesetz (EstG) zur Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung.

Was gehört zur Abschreibungsbasis?

Die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung umfasst:

  • Kaufpreis des Gebäudes (ohne Grundstück)

  • Notarkosten (anteilig für Gebäude)

  • Grunderwerbsteuer (anteilig für Gebäude)

  • Maklerkosten (anteilig für Gebäude)

  • Kosten für Gutachter, Vermessung etc.

  • Bei Neubau: Sämtliche Baukosten inkl. Architekten

Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören:

  • Grundstückskosten

  • Finanzierungskosten

  • Mobile Einrichtungsgegenstände

  • Erschließungskosten für das Grundstück

Voraussetzungen für die steuerliche Nutzung

Nur Tod und Steuern sind sicher? Warum nicht der Steuer von der Schippe springen?

Eine optimierte Abschreibungsstrategie ist nur dann sinnvoll, wenn ausreichend Steuerlast zum Verrechnen vorhanden ist. Denn das Prinzip ist, wie bei allen abzugsfähigen Kosten einfach: Sie ziehen den Abschreibungsbetrag von Ihren Einkünften ab und zahlen Steuern nur auf den Restbetrag. Konkret bedeutet das:

Für Privatpersonen und GbR:

  • Das zu versteuernde Einkommen muss hoch genug sein, um die Abschreibung nutzen zu können

  • Ein Verlustvortrag ist möglich, reduziert aber den Zeitwert-Vorteil

  • Ihre Immobilie muss zur Einkunftserzielung genutzt werden (Vermietung)

Für GmbHs und andere Kapitalgesellschaften:

  • Die GmbH muss ausreichende Gewinne erwirtschaften

  • Reine Holding-GmbHs ohne eigene operative Tätigkeit können die Vorteile oft nicht nutzen

  • Die Mieteinnahmen müssen die Abschreibung übersteigen

Faustregel: Die jährliche Steuerlast der immobilienhaltenden Einheit (Person oder Gesellschaft) sollte mindestens so hoch sein wie die geplante Abschreibung. Andernfalls verpuffen die Vorteile der optimierten Abschreibung ganz oder teilweise.

INFO: Private vs. GmbH-Immobilie?
Die Wahl der Haltestruktur hängt von vielen Faktoren ab:

  • Doppelbesteuerung bei GmbH vs. einmaliger Steuersatz privat

  • Steuerfreier Verkauf nach 10 Jahren nur bei Privatbesitz

  • Verwaltungsaufwand und Kosten deutlich höher bei GmbH

  • Haftungsbegrenzung nur bei GmbH

Dies ist nur ein grober Überblick - Details in einem separaten Artikel.

Die Bedeutung der korrekten Aufteilung

Ein kritischer Punkt ist die Aufteilung des Kaufpreises zwischen Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits. Je höher der Gebäudeanteil, desto mehr können Sie abschreiben. Das Finanzamt prüft diese Aufteilung besonders genau. Ein qualifiziertes Gutachten zur Kaufpreisaufteilung kann hier sehr wertvoll sein und wird von den Finanzbehörden in der Regel akzeptiert.

2 Lineare Abschreibung im Detail

Die lineare Abschreibung ist die klassische und bis 2023 einzig mögliche Form der planmäßigen Gebäudeabschreibung. "Linear" bedeutet dabei, dass jedes Jahr der gleiche Betrag abgeschrieben wird.

Aktuelle AfA-Sätze nach Fertigstellungszeitpunkt

Seit 2023 gelten folgende jährliche Abschreibungssätze:

  • Gebäude ab 2023: 3,0% (≙ 33,33 Jahre)

  • Gebäude 1925-2022: 2,0% (≙ 50 Jahre)

  • Gebäude vor 1925: 2,5% (≙ 40 Jahre)

Diese Sätze gelten für Wohngebäude. Für betrieblich genutzte Gebäude, die nicht Wohnzwecken dienen, gilt einheitlich ein Satz von 3%, wenn der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt wurde.

Berechnung der linearen AfA

Die Berechnung ist denkbar einfach:

Jährlicher AfA-Betrag = Abschreibungsbasis × AfA-Satz
Beispiel für ein Gebäude von 2024: 1.000.000 € × 3% = 30.000 € jährliche Abschreibung

Im Jahr der Anschaffung wird die AfA nur zeitanteilig gewährt. Für jeden Monat vor der Anschaffung reduziert sich der Jahresbetrag um 1/12.

Vor- und Nachteile der linearen AfA

Vorteile:

  • Einfache Berechnung und Planung

  • Gleichmäßige Steuerersparnis über die gesamte Laufzeit

  • Keine Dokumentationspflichten für die AfA-Methode

Nachteile:

  • Geringere Steuerersparnis in den frühen Jahren verglichen mit der degressiven AfA (siehe Abschnitt 4)

  • Keine Flexibilität bei der Verteilung der Abschreibungsbeträge

  • Nachteilig bei hohem Anfangsinvestment und geplanter mittelfristiger Veräußerung

Sonderfall: Anschaffung eines gebrauchten Gebäudes

Bei einem bereits genutzten Gebäude gilt der jeweilige AfA-Satz des ursprünglichen Fertigstellungsjahres – nicht des Kaufjahres. Ein 1980 errichtetes Gebäude wird also auch bei Kauf in 2024 mit 2% abgeschrieben, nicht mit 3%. Ausnahme: Wenn durch ein Restnutzungsdauer-Gutachten eine kürzere Nutzungsdauer nachgewiesen wird.

3 Der Zeitwert der Abschreibung

"Ob ich jetzt oder später abschreibe - am Ende kommt doch das Gleiche raus." Diese häufige Annahme ist ein Trugschluss. Tatsächlich ist eine frühere Abschreibung praktisch immer mehr wert als eine spätere. Warum?

⚠️ Als Betriebswirtschaftler springen Sie hier gerne zum nächsten Abschnitt. Denn die Frage dürfte für Sie offensichtlich sein.

Der Zeitwert des Geldes

Zeitwert von Geld: Zukünftige Einnahmen sind weniger Wert als heutige

Geld heute ist mehr wert als der gleiche Betrag in der Zukunft. Ein einfaches Beispiel:

  • Sie haben die Wahl: 10.000 € heute oder 10.000 € in 10 Jahren

  • Nehmen Sie das Geld heute, können Sie es z.B. für einen Zinssatz von 3% pro Jahr anlegen

  • Nach 10 Jahren haben Sie daraus: 13.439 € (10.000 × 1,0310)

  • Die späteren 10.000 € sind also deutlich weniger wert

Gleiches gilt für Steuerersparnisse durch Abschreibung:

  • 10.000 € Steuerersparnis heute können Sie sofort anlegen

  • Eine Steuerersparnis in 20 Jahren können Sie erst dann anlegen

  • Der Unterschied summiert sich über die Jahre erheblich

Entscheidend ist dabei der Zinssatz zu dem sich das Geld pro Jahr vermehrt.

Der Zinssatz funktioniert vorwärts wie rückwärts

Typischerweise berechnet man die jährlichen Zinsen nach vorne. Meint: Für 1000 € eingesetztes Kapital und einen Zinssatz von 3 % gibt es am Ende des Jahre 30 € zusätzlich. Macht einen neuen Gesamtbetrag von 1030 €. Der erwirtschaftet dann im Folgejahr zusätzliche 1030 € * 3 % = 30,90 € für insgesamt 1060,90 € usw.

Das ganz funktioniert genauso rückwärts: Erwarte ich am Ende von Jahr 2 Einnahmen von 1000 € zum Beispiel in der Form von Steuerersparnissen, sind diese, im Vergleich zu 1000 € die ich jetzt gleich einnehmen nur 1000 € zweimal durch 1,03 geteilt wert. Macht 942,60 €.

Die 942,60 € nennen sich im Fachjargon Barwert – also die zukünftige Einnahme im Vergleichswert von heutigem Geld. Denn: Wie wir oben gesehen haben, wenn ich Geldbeträge vergleichen will muss ich schon die gleiche zeitliche Basis schaffen und die einfachste Basis ist: heute.

Welchen Zinssatz ansetzen?

Jeder Zinssatz setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:

  1. Dem risikolosen Basiszins (was bekomme ich garantiert für mein Geld am Markt?)

  2. Einem Risikoaufschlag (wie unsicher ist die Zahlung?)

Ein Beispiel: Sie haben zwei Investitionsmöglichkeiten:

  • Projekt A: Ein fast fertiggestelltes Gebäude mit sicherem Mieter

  • Projekt B: Ein Baugrundstück mit vielen Unwägbarkeiten

Für Projekt B würden Sie einen deutlich höheren Zinssatz zur Bewertung ansetzen, weil das Risiko höher ist. Bei 20% Risiko für Komplikationen könnte der Risikoaufschlag leicht 5% oder mehr betragen.

Als risikolosen Zinssatz nimmt man in Deutschland typischerweise den Zinssatz der zehnjährigen Bundesanleihe, der aktuell (Januar 2025) bei etwa 2,4 % liegt.

Für die Bewertung von AfA-Steuerersparnissen gilt:

  • Basis: Der risikolose Zins

  • Minimaler Aufschlag: nur 0,5-1%

  • Gesamt: etwa 3%

Warum so niedrig? Die Steuerersparnisse durch AfA sind praktisch risikolos, wenn Sie genug zu versteuerndes Einkommen haben. Sie ähneln eher einer Bundesanleihe als einem riskanten Bauprojekt.

Rechtssicherheit der AfA-Methode

Ein wichtiger Aspekt bei der Wahl der AfA-Methode ist die Rechtssicherheit. Nach deutschem Steuerrecht gilt Bestandsschutz bzw. Vertrauensschutz:

  • Die zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung gültige AfA-Methode kann normalerweise über die gesamte Abschreibungsdauer beibehalten werden

  • Eine nachträgliche Gesetzesänderung wirkt in der Regel nicht rückwirkend auf bereits begonnene Abschreibungen

  • Die Wahl der degressiven AfA ist bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch, kein Wahlrecht der Finanzverwaltung

Dies bedeutet: Wenn Sie heute die degressive AfA wählen und alle Voraussetzungen erfüllen, können Sie diese auch bei einer späteren Gesetzesänderung bis zum Ende fortführen - inklusive der Option zum Wechsel auf die lineare Methode.

Bedeutung für Ihre Abschreibungsstrategie

Insgesamt erklärt dies, warum schnellere Abschreibung vorteilhaft ist:

  • Degressive AfA mit besonders hohen Anfangsbeträgen (siehe Abschnitt 4)

  • Verkürzte Nutzungsdauer durch Gutachten

  • Sofortabschreibung bestimmter Komponenten

Der Barwert - also der heutige Wert aller zukünftigen Steuerersparnisse - ist bei schnellerer Abschreibung höher. Die folgenden Abschnitte zeigen, wie Sie dies konkret nutzen können.

Mein kostenloser Abschreibungsrechner

Der interaktive Rechner (als Google Sheet) ermöglicht Ihnen:

  • Direkte Vergleiche von 4 verschiedenen Abschreibungsszenarien

  • Live-Berechnung der Barwerte aller zukünftigen Steuerersparnisse

  • Flexible Anpassung von Parametern wie:

    • Abschreibungsbasis

    • Persönlicher Steuersatz

    • Kalkulationszinssatz inkl. Risikoaufschlag

Besonders wertvoll ist die Analyse des optimalen Wechselzeitpunkts von degressiver zu linearer AfA. Der Rechner zeigt Ihnen genau, in welchem Jahr der Wechsel den höchsten Barwertvorteil bringt.

Sie finden den Rechner in der Einführung 👆, wenn Sie als Newsletter-Abonnent angemeldet sind. Ansonsten abonnieren Sie ihn gleich jetzt hier.

Um den Rechner zu nutzen:

  1. Erstellen Sie eine eigene Kopie (Menü: Datei > Kopie erstellen)

  2. Oder laden Sie ihn als Excel-Datei herunter (ich hoffe mal, dass die Formeln alle erhalten bleiben 🤷‍♂️)

  3. Passen Sie die gelb markierten Felder an Ihre Situation an

Der Rechner berücksichtigt automatisch die gesetzlichen Vorgaben, soweit abgebildet, und berechnet die Steuerersparnisse über die gesamte Abschreibungsdauer. Beachten Sie aber bitte den Disclaimer.

4 Die neue degressive Abschreibung

Die degressive AfA ist seit Oktober 2023 wieder möglich. Sie ermöglicht höhere Abschreibungen in den ersten Jahren - ein erheblicher Vorteil, wie wir im vorherigen Abschnitt zum Zeitwert gesehen haben.

Voraussetzungen und Anwendungsbereich

Die degressive AfA kann genutzt werden für:

  • Neubauten mit Baubeginn zwischen 1. Oktober 2023 und 30. September 2029

  • Nur für Wohngebäude

  • Der Baubeginn muss durch eine Baubeginnsanzeige nachgewiesen werden

Diese Baubeginnsanzeige richten Sie übrigens an die örtlich zuständige Bauaufsichtsbehörder, die da sein kann:

  1. Das Bauamt der Stadt/Gemeinde

  2. Das Bauordnungsamt des Kreises

  3. Die untere Bauaufsichtsbehörde

Wenn es lokal keine Verpflichtung zur Anzeige gibt, sollten Sie dies im eigenen Interesse freiwillig einreichen, um später von der degressiven AfA Gebrauch machen zu können.

So funktioniert die degressive AfA

Anders als bei der linearen AfA wird nicht jedes Jahr der gleiche Betrag abgeschrieben. Stattdessen:

  • Jährlicher AfA-Satz: 5% des jeweiligen Restbuchwerts

  • Der Abschreibungsbetrag sinkt jedes Jahr

  • Ein Wechsel zur linearen AfA ist jederzeit möglich

Beispiel für ein Gebäude mit 1.000.000 € Abschreibungsvolumen:

Jahr 1: 5% von 1.000.000 € = 50.000 €
Jahr 2: 5% von 950.000 € = 47.500 €
Jahr 3: 5% von 902.500 € = 45.125 €`

Der optimale Wechsel zur linearen AfA

Bei einem Wechsel zur linearen AfA gilt:

  • Der Restbuchwert wird auf die verbleibende Nutzungsdauer verteilt

  • Die verbleibenden Jahre ergeben sich aus 33,33 Jahren minus bereits abgeschriebene Jahre

  • Wechsel lohnt, wenn der lineare Betrag höher als der degressive wäre

Hinweis zur Nutzungsdauer: Der Gesetzestext ist hier nicht ganz präzise und spricht einerseits von 3% Abschreibung (dies würde 33,33 Jahre an Abschreibungsdauer implizieren) und andererseits von 33 Jahren (dies würde einen Zinssatz von 3,03% implizieren). Ich gehe im Folgenden (sowie im Abschreibungsrechner) von 33,0 Jahren und damit 3,03 % Zinsen aus - als Vereinfachung.

Beispiel für den Wechselzeitpunkt: Nehmen wir unser Millionen-Gebäude von oben nach 10 Jahren:

  • Restbuchwert nach 10 Jahren: ca. 598.737 €

  • Restliche Nutzungsdauer: 23 Jahre

  • Jährlicher linearer AfA-Betrag wäre: 26.032 €

  • Degressiver AfA-Betrag im 11. Jahr wäre: 29.937 € → Wechsel noch nicht optimal

Vor- und Nachteile der degressiven AfA

Vorteile:

  • Höhere Steuerersparnis in den ersten Jahren

  • Flexibilität durch Wechseloption zur linearen AfA

  • Besonders vorteilhaft bei hohen Steuersätzen und/oder geplanter mittelfristiger Veräußerung

Nachteile:

  • Komplexere Berechnung und Dokumentation

  • Nur für Neubauten ab Oktober 2023 anwendbar

  • Mathematisch wird nie 100% erreicht ohne irgendwann zu linear zu wechseln (relevant bei Verkauf)

Kombination mit Restnutzungsdauer-Gutachten

Die degressive AfA kann theoretisch auch mit einem Restnutzungsdauer-Gutachten kombiniert werden. Allerdings:

  • Bei Neubauten schwer nachweisbar

  • Wirtschaftlich meist nicht sinnvoll

  • Hoher Dokumentationsaufwand

5 Optimierung durch Restnutzungsdauer-Gutachten

Gerade bei Altimmobilien ist optimierte Abschreibung per Restnutzungsgutachten wertvoll

Die dritte wichtige Möglichkeit zur Optimierung Ihrer Immobilien-Abschreibung ist der Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer durch ein Sachverständigen-Gutachten.

Grundprinzip der verkürzten Abschreibung

Das Gesetz erlaubt höhere jährliche Abschreibungssätze, wenn Sie nachweisen können, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ist als:

  • 33 Jahre bei Neubauten ab 2023

  • 50 Jahre bei Gebäuden von 1925-2022

  • 40 Jahre bei Gebäuden vor 1925

Der neue AfA-Satz ergibt sich dann aus: 100% geteilt durch nachgewiesene Restnutzungsdauer

Voraussetzungen für die Anerkennung

Ein Restnutzungsdauer-Gutachten muss:

  • Von einem qualifizierten Sachverständigen erstellt werden

  • Die individuellen Gegebenheiten des Objekts berücksichtigen

  • Durch eine Vor-Ort-Besichtigung untermauert sein

  • Die technischen Details der Immobilie würdigen

Eine rein schematische Berechnung nach ImmoWertV reicht nicht aus.

Typische Verkürzungspotenziale

Besonders hohe Verkürzungen sind möglich bei:

  • Altbauten mit geringer Modernisierung

  • Gebäuden mit veralteter Bausubstanz

  • Immobilien mit ungünstiger Grundrissgestaltung

  • Objekten mit eingeschränkter Nutzungsflexibilität

Wirtschaftlichkeit der Gutachtenerstellung

Die Kosten für ein qualifiziertes Gutachten amortisieren sich oft bereits im ersten Jahr:

  • Gutachtenkosten: typisch 1.000-3.000 €

  • Mögliche jährliche Steuerersparnis: oft 5.000-15.000 €

  • Plus: Gutachtenkosten sind selbst absetzbar

Ausführliche Details zu Restnutzungsdauer-Gutachten finden Sie in meinem separaten Artikel "Mehrfamilienhaus Steuern sparen mit Restnutzungsdauer-Gutachten".

Aktuelle rechtliche Entwicklungen

Nach dem aktuellen Stand (2024):

  • Keine zeitliche Begrenzung der verkürzten Nutzungsdauer mehr

  • Keine gesetzliche Vorgabe für Vor-Ort-Termine

  • ABER: Finanzämter prüfen Gutachten sehr genau

  • Empfehlung: Orientierung an BMF-Schreiben vom 22.02.2023

6 Praktischer Vergleich der Methoden

Welche Abschreibungsstrategie ist die beste? Ein Vergleich der Barwerte gibt Aufschluss. Nutzen Sie meinen kostenlosen Abschreibungsrechner (Link oben in der Einführung, für angemeldete Newsletter-Abonnenten), um verschiedene Szenarien durchzuspielen.

Vergleich der Strategien am Beispiel

Betrachten wir ein Gebäude mit 1.000.000 € Abschreibungsvolumen bei einem Steuersatz von 42%:

  1. Lineare AfA (3% über 33 Jahre, Szenario 1 im Rechner):

  • Jährlich gleichbleibend 30.303 €

  • Barwert der Steuerersparnisse: 273.516 €

273.516 € Einsparung durch lineare Abschreibung über 33 Jahre bei 1 Mio. € Gebäudewert

  1. Degressive AfA mit optimalem Wechsel (selbst nachzuvollziehen in Szenario 4 im Rechner und der Berechnung unten unter 5):

  • Start mit 5% degressiv (50.000 € im ersten Jahr)

  • Wechsel zur linearen AfA nach 13-14 Jahren

  • Barwert der Steuerersparnisse: 288.078 €

  • Zusätzlicher Barwertvorteil: 14.562 € (5,32%)

288.363 € Einsparung bei degressiver Abschreibung über 13 Jahre (1 Mio. € Wert)

  1. Verkürzte lineare AfA (durch Gutachten, Szenario 2):

  • 5% linear über 20 Jahre

  • Barwert der Steuerersparnisse: 319.593 €

  • Zusätzlicher Barwertvorteil: 46.077 € (16,85%)

Mit 319.593 € unschlagbarer Vorteil bei verkürzter, linearer Abschreibungsdauer

Bewertung der Optionen

Die Analyse zeigt:

  • Rein degressive AfA ohne Wechsel (Szenario 3 im Rechner) ist nachteilig

  • Der optimale Wechsel zur linearen AfA bringt moderate Vorteile

  • Die verkürzte AfA durch Gutachten bietet das größte Potential

Rein degressive AfA ist schon der linearen unterlegen; Wechsel auf linear also essentiell

Kalkulationszinssatz

Für die Barwertberechnung im Abschreibungsrechner habe ich verwendet:

  • Basis: 10-jährige Bundesanleihe (2,256%)

  • Risikoaufschlag: 0,5%

  • Gesamt: 2,756%

Sie können die Werte für sich natürlich jederzeit anpassen.

Empfehlungen nach Immobilientyp

Neubau ab 2023:

  • Start mit degressiver AfA (5%)

  • Wechsel zur linearen AfA nach 13-14 Jahren

  • Prüfung verkürzter Nutzungsdauer schwierig

Bestandsimmobilie 1925-2022:

  • Prüfung der Möglichkeit eines RND-Gutachtens

  • Bei positivem Befund: Verkürzte lineare AfA

  • Alternativ: Normale lineare AfA mit 2%

Altbau vor 1925:

  • Fast immer RND-Gutachten sinnvoll

  • Oft deutliche Verkürzung möglich

  • Höhere AfA-Sätze rechtfertigbar

7 Fazit und Checkliste

Abschreibung kann jedes Immobilien-Investment vergolden

Die optimale Abschreibungsstrategie kann den Cashflow Ihrer Immobilieninvestition erheblich verbessern. Die Analyse zeigt: Eine schnellere Abschreibung ist fast immer vorteilhaft, muss aber sorgfältig geplant werden.

Die wichtigsten Erkenntnisse

  1. Zeitwert entscheidend

    • Frühere Abschreibung ist mehr wert als spätere

    • Barwertbetrachtung zeigt wahre Vorteile

    • Bei 1 Mio € Investition bis zu 46.000 € Barwertvorteil möglich

  2. Drei Hauptoptionen

    • Lineare AfA (2-3% p.a.)

    • Degressive AfA (5% vom Restwert)

    • Verkürzte AfA durch Gutachten (oft 4-5% p.a.)

  3. Strategische Empfehlungen

    • Neubau: Degressive AfA mit Wechsel nach 13-14 Jahren

    • Bestand: Prüfung RND-Gutachten, sonst linear

    • Altbau: RND-Gutachten nach Einzelprüfung häufig sinnvoll

Checkliste für Ihre Abschreibungsstrategie

Vor dem Kauf

[ ] Baujahr und AfA-Satz ermitteln
[ ] Kaufpreisaufteilung optimieren
[ ] RND-Gutachten-Potential prüfen
[ ] Barwertberechnungen durchführen

Nach dem Kauf

[ ] AfA-Methode festlegen
[ ] Bei degressiver AfA: Wechselzeitpunkt vormerken
[ ] Dokumentation sicherstellen
[ ] Jährliche Überprüfung der Strategie

Ausblick und Handlungsempfehlung

Die aktuellen Regelungen bieten viele Optimierungsmöglichkeiten. Nutzen Sie diese, aber beachten Sie:

  • Qualifizierte Beratung einholen

  • Gutachten sorgfältig vorbereiten

  • Dokumentation ernst nehmen

  • Langfristige Planung nicht vernachlässigen

Praktische Umsetzung mit dem Rechner

Nutzen Sie unseren Abschreibungsrechner für:

  • Schnelle Vergleiche verschiedener Strategien

  • Exakte Berechnung Ihrer individuellen Steuervorteile

  • Optimierung des Wechselzeitpunkts bei degressiver AfA

Die Ergebnisse helfen Ihnen:

  • Bei Kaufentscheidungen

  • Bei der Wahl der optimalen AfA-Methode

  • Bei Gesprächen mit Ihrem Steuerberater

Kalkulieren Sie verschiedene Szenarien mit unserem Abschreibungsrechner durch. Die optimale Strategie hängt von Ihrer individuellen Situation ab - aber eine durchdachte Abschreibungsplanung zahlt sich immer aus.

Lust auf Ihr eigenes Mehrfamilienhaus?